Interview mit einem, der seit Anfang 2019 sein erstes Hörgerät trägt (Teil 2)

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Es ist für mich schon etwas Besonderes, mit jemandem sprechen zu können, der recht frisch erstmals in seinem Leben neue Hörgeräte bekommen hat. Da in diesem Fall recht viele Fragen zusammen kamen, ist dieses authentische Interview von mir in zwei Teile gegliedert worden. Der zweite davon folgt hier:


Herr L., nachdem Sie eine Im-Ohr-Variante ausprobieren durften und sich dabei unwohl fühlten, konnten Sie danach sofort eine sogenannte Hinter-dem-Ohr-Lösung testen. Was war das für ein Gefühl für Sie?

 

Achim L.: Also zunächst war ich mal ganz erstaunt, wie klein und unauffällig diese Art Hörgerät doch war bzw. ist. Denn mir waren die „Dinger“ an den Ohren des Hörakustikers gar nicht aufgefallen. Als sie dann in meinem Ohr waren, war das fast schon ganz natürlich und ich war extrem überrascht, was ich alles hören könnte.

 

Können Sie das etwas genauer beschreiben?

 

Achim L.: Na, es waren seine Worte, Sätze, ich habe sie auf Anhieb wieder ganz deutlich wahrgenommen und nicht so wie ohne diese Hörgeräte, als alles irgendwie wie in einer dumpfen Wolke klang und ich manches Mal überhaupt nicht verstand, was gesagt wurde.

 

Und wie ging es dann weiter?

 

Achim L.: Der Meister hat mir dann ein Diagramm gezeigt, auf der eine Fläche hervorgehoben war und auf der ganz viele Buchstaben waren. Er hat mir dann erklärt, das mein Hörverlust dafür sorgt, dass ich bestimmte Buchstaben nicht mehr hören bzw. verstehen kann. Da ging es um Konsonanten und auf diese Weise wurde mir ganz klar, was es für mich bedeutet hat, ohne Hörgeräte durch den Tag zu gehen.

 

Sie durften die Hörgeräte dann am Ohr behalten und mit nach Hause „tragen“, sozusagen?

 

Achim L.: So ist es. Ich habe sie im Ohr gelassen und bin aus dem Geschäft raus. Und was glauben Sie? Ich habe von dem ersten Menschen, der mir entgegen kam, sogar die Schritte auf dem Weg zum Auto gehört. Das war spannend und erfreulich für mich. Das hatte ich die Zeit zuvor überhaupt nicht mehr mitbekommen.

 

War das denn unangenehm für Ihr Empfinden?

 

Achim L.: Nein, ganz und gar nicht. Auch im Auto konnte ich das Radio leiser stellen, habe ich das Blinkergeräusch wieder gehört und muss sagen, dass ich überrascht war, was ich alles verpasst hatte.

 

Wie war denn die Situation, als Sie zuhause waren? Dort ist ja der typische, gewohnte Rückzugsraum der Menschen mit seinen gewohnten Klangumgebungen…

 

Achim L.: Ich habe meiner Frau gar nichts gesagt, von den neuen Hörgeräten. Und ich war ganz gespannt, was sie dazu sagen würde, schließlich wollte ich ja welche, die im Ohr verankert waren, aber ich hatte ja nun sichtbare. Und was soll ich sagen? Sie hat gar nichts gemerkt. Gar nichts. Als wir abends vor dem Fernseher saßen, musste ich natürlich auch nichts mehr an der Lautstärke ändern und nach einer Weile fragte sie mich, ob sie den Fernseher etwas lauter machen soll? Als ich ihr gesagt habe, dass ich jetzt alles verstehe, ist sie aus allen Wolken gefallen. Und als ich ihr meine neuen Hörgeräte gezeigt hatte, war sie total überrascht, wie klein die sind.

 

Gab es noch weitere Erfahrungen, von denen Sie berichten können?

 

Achim L.: Und ob. Ich musste zum Zahnarzt und habe ihn kurz vor dem Ende der Behandlung gefragt, ob er meine Hörgeräte gesehen hätte. Er hatte das verneint und war dann auch total perplex, dass die Geräte dermaßen klein sind. Dann sagte er noch, dass er sich jetzt auch mal um Hörgeräte kümmern müsse, denn die tägliche Arbeit mit Bohrer und Schleifwerkzeugen ist ihm wohl auch auf die Ohren geschlagen.

 

Sie erzählen das so, als ob die Hörgeräte schon zu Ihrem Alltag gehören. Gab es denn gar keine Schwierigkeiten?

 

Achim L.: Naja, das größte Problem war das Handling. Ich habe wirklich eine Weile gebraucht, bis ich die Dinger ins Ohr einsetzen und aus dem Ohr rausnehmen konnte. Nun habe ich Übung und es funktioniert wie geschmiert. Aber bis ich das hinbekommen habe, sind schon ein, zwei Wochen vergangen und ich kann jedem nur empfehlen, das zu üben und Geduld zu haben.

 

Wenn ich das alles höre, kann ich mir auch vorstellen, dass beruflich nun auch ein anderes Leben für Sie begonnen hat.

 

Achim L.: Absolut. Was waren das für Zeiten, in denen ich in Meetings, in Besprechungen und Schulungen sehr, sehr wenig verstanden habe. Nun ist das alles wirklich vorbei. Ich verstehe nahezu alles, außer wenn die Vortragenden nuscheln, aber dann weiß ich auch, dass das nicht an mir liegt. Und wissen Sie, dass ich wirklich weniger kaputt am Abend bin? Man hat mir das erklärt, dass unser Gehirn schlecht verstandene Worte im Satz in einen Sinnzusammenhang bringen muss, was uns dann extrem anstrengt. Und damit kann ich jetzt nur bestätigen, dass meine Hörgeräte mir dabei total helfen, eben alles zu verstehen und weniger erschöpft nach Hause zu kommen. Das ist ein kaum vorstellbarer Vorteil für mich.

 

In der Regel müssen ja nach dem ersten Tragen der Hörgeräte Feinjustierungen durchgeführt werden, damit die Abstimmung auf Ihr Hören so exakt wie nur möglich ist. Wie oft mussten Sie noch zu Ihrem Hörakustiker?

 

Achim L.: Ich war noch einmal dort, muss jetzt noch zu einer sogenannten Abschluss-Messung. Warum das so wenige Termine sind, kann ich auch nicht sagen, aber ich kann ja auch nicht meckern, weil mir die Geräte mit der programmierten Einstellung einfach so helfen, wie ich es mir gewünscht hätte. Sicherlich werde ich alle halbe Jahre mal nachschauen lassen, aber letzten Endes kann ich nur jedem empfehlen, sich mit dem Thema Hörgeräte ganz entspannt zu beschäftigen. Es ist für mich wirklich ein anderes, viel schöneres Leben.

 

Herr L., vielen Dank für Ihre Zeit und das Gespräch. Und viel Spaß weiterhin mit Ihren Hörgeräten. Erzählen Sie Ihre Erfahrungen gerne weiter, denn das motiviert sicherlich den ein oder anderen, sich um Hörgeräte zu kümmern.

 

Achim L.: Das mache ich auf jeden Fall.